Barbara Bigler

Barbara Bigler arbeitet seit 1990 für den FC Basel, aktuell  als Leiterin Spielbetrieb und Secretary of the board.

«Als Frau muss ich 150 bis 200 Prozent leisten. Aber damit kann ich umgehen»

Sie musste sich viele blöde Sprüche anhören, hat sich aber durchgesetzt. Ohne die heutige Spielbetriebsleiterin kann man sich den FC Basel fast nicht mehr vorstellen. Ein Gespräch mit Barbara Bigler über die Machokultur im Fussball, dem hart erkämpften Aufstieg des FC Basel nach ganz oben und den negativen Begleiterscheinungen des Erfolgs.

Hat der FCB Gegner?

Wer Erfolg hat, hat Neider. Ich weiss nicht, ob das Gegner sind, das ist ein starker Begriff. Aber es kann nicht jede Person ein FCB-Fan sein – und das ist auch gut so.
 

Nehmen Sie die Neider wahr?

Ja, aber nicht nur in der Stadt oder in der Region. Ich höre oft: «Ich drücke dem FCB die Daumen» – und merke sofort, dass das nicht der Wahrheit entspricht. Aber Missgunst und Neid sind die höchste Form der Anerkennung.
 

Ist es auch für Sie ein ständiger Kampf ums Ernst-genommen-werden als Frau im vermeintlichen Männer-Business Fussball?


Ich muss mehr leisten, als ein Mann auf in meiner Position leisten müsste. Ich muss 150 bis 200 Prozent leisten. Mir hilft es aber manchmal, dass ich schon seit 1990 im Business tätig bin. Die Leute wissen, dass ich nicht mehr grün hinter den Ohren bin oder zufällig in diese Position reingerutscht bin. Aber es gibt schon Situationen, in denen mir ein «Macho-Gehabe» begegnet. Fussball ist ein Männersport, auch wenn es einerseits viele Frauenfussball-Teams gibt und bei internationalen Spielen immer wieder Frauen in entscheidenden Positionen anzutreffen sind. Manchmal ist es schon nicht ganz einfach. Zu Beginn meiner Tätigkeit habe ich öfters primitive Sprüche gehört oder Sätze wie «Du kommst doch nicht draus, geh doch hinter den Herd.»
 

Hörten Sie das auch in offiziellen Sitzungen?

Eher nein und wenn, dann hinter vorgehaltener Hand. Aber mit der Zeit wurde klar, was ich leiste und solche Vorfälle nahmen ab – auch wenn es ein Männerbusiness blieb und ich mich manchmal immer noch gezwungen sehe, zwei oder drei Mal etwas zu bestätigen oder zu beteuern. Als Frau muss ich mehr leisten als ein Mann. Damit kann ich mehrheitlich umgehen.
 

Was hat sich durch den Umstand verändert, dass beim FCB mit Gigi Oeri vorübergehend eine Frau an der Spitze des Vereins stand?


Für mich persönlich nicht wirklich viel. Als Frau hatte ich in der Schweiz nie grössere Probleme – mit Gigi Oeri nicht und ohne sie auch nicht. Schon eher überraschte Reaktionen gab es bei den Auslosungen zu den UEFA Wettbewerbsspielen, wenn sich der FCB gleich von zwei Frauen vertreten liess. Aber auch in dieser Hinsicht hat sich in den vergangenen Jahren einiges verändert, seitdem auch andere Clubs wie Real Madrid, oder Tottenham Hotspur oder auch Manchester City Frauen als Hauptverantwortliche an solche Anlässe delegieren.
 

Erlebten Sie kulturelle Unterschiede im Umgang mit Frauen?

Diese gibt es, ja. Als zum Beispiel bei der Qualifikation zur UEFA Europa League im August 2009 der Präsident von einem östlichen Land mit seiner Privatmaschine auf dem EuroAirport ankam, wollte ich ihn willkommen heissen, wie wir dies bei internationalen Spielen so handhaben. Zuerst stieg einer seiner Mitarbeiter aus, dann kam der Präsident. Ich streckte ihm meine Hand entgegen, er nahm jedoch gleichzeitig seine Hände hinter den Rücken. Ganz offensichtlich war er es sich nicht gewohnt, Frauen zu begrüssen, mit ihnen zu reden und sich von ihnen vielleicht sogar den Weg weisen zu lassen. Ich machte dann eben gute Miene zum bösen Spiel und versuchte, die Situation bestmöglich zu retten.
 

Gigi Oeri scheint uns in der Stadt Basel deutlich weniger beliebt zu sein als ihr Nachfolger Bernhard Heusler, obwohl sie für den Verein wohl mindestens so wichtig war. Hängt diese begrenzte Wertschätzung auch damit zusammen, dass sie eine Frau ist?

Im Club weiss jeder, was Gigi Oeri für den Club alles gemacht hat und immer noch macht. Und in der Stadt scheint mir, dass dies den meisten Personen auch klar ist. Wenn Gigi Oeri und Bernhard Heusler aber dennoch so unterschiedlich wahrgenommen werden, wie Sie das sagen, dann hängt das allenfalls mit Ihrem Auftreten zusammen. Gigi Oeri war eher zurückhaltend, Bernhard Heusler kommunizierte eher offen.
 

Was denken Sie, wenn Sie im Stadion bei einem Spiel abschätzige Bemerkungen auch über Frauen hören?

Ich denke, dass man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen sollte. Da muss man auch mal eine gewisse Kulanz walten lassen.
 

Ihnen wurde im Verein auch schon die Rolle der «guten Seele» zugeschrieben. Was halten Sie von dieser Umschreibung?

Da gehe ich immer sehr rasch drüber hinweg. Mir ist diese Umschreibung peinlich, weil es in einem Club nicht nur eine «gute Seele» geben kann. Bei uns machen viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einen sehr guten Job.
 

Mehr Freude hatten Sie wahrscheinlich an der Choreografie der Fans für Sie bei Ihrem 20-Jahr-Jubiläum im Verein?

So etwas freut einen natürlich extrem. Aber grundsätzlich ist es mir lieber, solche Dinge in einem kleinen, schlichten Rahmen zu feiern, ohne öffentliche Ehrung. Darum sagte ich auch erst einmal Nein, als Josef Zindel mir kurz vor dem Spiel sagte, ich müsse dringend zur Spielerbank kommen. Ich wollte keinesfalls auf den Platz gehen und einen Blumenstrauss entgegennehmen. Das wäre mir peinlich gewesen. Ich bin nicht eine, die gerne in den Medien auftaucht. Aber das Transparent der Fans mit dem Dank – das hat mich sehr berührt und auch sehr geehrt.
 

Was denken Sie über andere Leute rund um den Verein, die sich offensichtlich sehr gerne bei den Meisterfeiern auf dem Barfi-Balkon oder an Stadtfesten feiern lassen?


Wenn sie das brauchen – gut. Ich halte mich lieber im Hintergrund auf.
 

Die Frauenmannschaft des FC Basel scheint uns auch innerhalb des Clubs einen sehr viel tieferen Stellenwert zu haben als das Männerteam. Ihr Eindruck?

Heute kommt kein Club mehr darum herum, ein Frauenteam zu haben, das verlangt das Ausbildungslabel. Ich persönlich interessiere mich selbstverständlich sehr für dieses Team, da ich selbst Fussball bei Concordia und Therwil gespielt habe. Die Resultate unserer Frauen verfolge ich darum immer. Spielen gesehen habe ich die Frauen in dieser Saison bis jetzt aber leider erst einmal.
 

Was ist besser – Frauen- oder Männerfussball?


Besser? Das ist immer eine Ansichtssache. Fussball ist für mich immer Fussball, ob nun Kinder, Männer oder Frauen spielen. Ich zum Beispiel war auch immer eine harte Spielerin, ein Attribut, das man gewöhnlich nicht unbedingt mit Frauenfussball in Verbindung bringt. Dennoch spielte ich so: hart – aber fair.
 

Hat man sich beim FC Basel ähnlich wie bei YB oder Luzern auch schon überlegt, mit besonderen Aktionen mehr Frauen ins Stadion zu locken?


Darüber wurde auch schon gesprochen, ja, aber wenn jetzt auch noch wir mit einer Ladies-Night kämen, wäre das etwas «abgekupfert». Hinzu kommt, dass wir auch so nicht weniger als 23’000 Jahreskarten-Besitzerinnen und -Besitzer haben – das ist eine sehr schöne Zahl. In mehreren Sektoren sind wir schon fast am Limit. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und für jedes Bedürfnis das passende Angebot haben. Die einen wollen unbedingt in die Muttenzerkurve, andere gehen am liebsten in den Family-Corner und wieder andere schätzen den Hospitality-Bereich, von wo aus sie das Spiel bei schlechtem Wetter auch mal hinter der Scheibe anschauen können. Im alten Joggeli gab es so etwas noch nicht. Wer dennoch mit Jupe und «Stöggelischuhen» an einen Match kam und auf der Tribüne Platz nahm, musste damit rechnen, mit einer «Sprisse» nach Hause zu gehen. Diese Aussicht hielt einige Frauen von einem Stadionbesuch ab.
 

Wie sind Sie eigentlich zum FCB gekommen?


Ich kam 1990 zum FCB. Ich habe mich auf ein Inserat im damaligen Doppelstab beworben. Der FCB suchte auf diesem Weg eine kaufmännische Mitarbeiterin; das hat mich interessiert. Ich hatte eine Banklehre absolviert und war bereit, die Branche zu wechseln. Meine Eltern, bei denen ich damals noch wohnte, machten mich auf das Inserat aufmerksam. Nach einer Art «Aufnahmeprüfung» bei Markus Siegler [FCB-Geschäftsführer ab 1989] mit Vorsprechen und Text-Tippen wurde ich angestellt.
 

Waren Sie da schon Fussballfan?

Ja. Ich wollte schon als kleines Mädchen Fussball spielen. Nur gab es damals noch keine Mädchen- oder Frauenteams. In meiner damaligen Wohngemeinde hätte ich auch gerne in einer Bubenmannschaft mitgespielt. Man war seinerzeit aber diesbezüglich noch nicht so offen wie heute und so war dies nicht möglich. Ich spielte dann Basketball und Handball. Im April 1987 schloss ich mich der Damenmannschaft des FC Concordia an und begann aktiv Fussball zu spielen. Ich war wirklich von klein auf immer Fussballfan.
 

Also war das Engagement ein Traumjob?


Ja, das könnte man fast so sagen. Ich konnte gewissermassen das Hobby zum Beruf machen, das ist natürlich schön. Aber wie bei jedem Job wird Leistung verlangt – und dies ist bei meiner Tätigkeit nicht anders.
 

Wann war es in der Zeit seit 1990 weniger Traumjob, wann mehr?


Das war unterschiedlich. Eigentlich ging es immer stetig aufwärts, seit ich beim FCB bin. Wenn es abwärts gegangen wäre, wäre mein Empfinden vielleicht ein bisschen anders. Als ich beim FCB anfing, waren wir in der Nationalliga B, haben zwei, drei Mal knapp den Aufstieg verpasst. Das war nicht ganz einfach, manchmal fehlte nur ein Tor oder ein Punkt. Das waren schon Dämpfer! Auch nach dem Aufstieg 1994 mussten wir noch einmal in die Abstiegsrunde. Zu realisieren, dass ich das Geschehen auf dem Spielfeld nicht direkt beeinflussen kann, dass ich aber rundherum etwas beitragen kann, das hat mir jeweils geholfen. Es gab, wie in jedem anderen Job, einfachere und schwierigere Phasen.
 

Wie hat sich Ihre Arbeit seit 1990 verändert?

Zuerst war ich kaufmännische Mitarbeiterin in einem sehr einfachen Sinn, machte Sekretariats- und Büroarbeiten; unter anderem schrieb ich Aufgebote, hatte Telefondienst, betreute den Empfang oder organisierte Versande. In der Nationalliga B hatten wir noch keine individuellen Abteilungen, vieles geschah noch nicht inhouse, so lief der Ticketverkauf zum Beispiel über die Securitas AG – heute unvorstellbar. Das war alles sehr klein, fast rudimentär. Das erste Mal mehr zu tun gab es, als wir auf den oberen Plätzen in der Nationalliga B mitspielten, da bekam ich tageweise Unterstützung von Christine Epting, der Ehefrau des damaligen Präsidenten Peter Epting. Später zogen wir von den Büros in der St. Johanns-Vorstadt ins Joggeli. Vor dem Stadionneubau im 1999/2000 zogen wir in  Büroräumlichkeiten an der Lehenmattstrasse. Dort arbeiteten erstmals etwas mehr Leute für den FCB: Es gab jemanden für den Empfang, jemanden für die Buchhaltung und Heinz Hermann [Sportdirektor 1997-1998, später Rückkehr als Nachwuchstrainer]. Diese Arbeitsteilung ergab sich einerseits aufgrund des Mehraufwands nach dem Aufstieg und andererseits weil die Liga eine gewisse Professionalität verlangte.
 

Davor waren Sie acht Jahre lange alleine oder zu zweit auf der Geschäftsstelle?

Ja. Erst als wir im alten Joggeli im obersten Stock des Tribünengebäudes einen grossen Raum bezogen, arbeitete da noch Oldrich Svab [Sportchef 1995–1998] und Vittorio Jenni betreute gewisse Sponsorenbereiche im Teilzeitpensum. Sonst waren für den administrativen Bereich Christine Epting und ich verantwortlich. Später kam eine 50-Prozent-Pensum dazu.
Die Nachfrage nach der Donatorenvereinigung und auch Themen wie Marketing und Sponsoring kamen erst zu diesem Zeitpunkt auf. Diese Arbeiten waren dann bald nicht mehr mit den vorhandenen Arbeitspensen zu bewältigen. Mit dem Einzug ins neue Stadion St. Jakob-Park im 2001 bezogen wir ebenfalls neue Räumlichkeiten auf der Gellertseite des Stadions. Dort war die Geschäftsstelle bis 2008 beheimatet. Die Abteilungen wuchsen aufgrund von Bedürfniswandel und Mehraufwand stetig und so wurde die FCB-Geschäftsstelle immer und grösser.
 

Sie haben – zumindest auf dem Papier – eine ganz andere Funktion unterdessen. Ist es wirklich so anders?

Mein Aufgabenbereich war primär immer auf die erste Mannschaft, auf «technische Gegebenheiten» und den Kontakt mit den Verbänden gerichtet. Ich habe mich immer um den Bereich Spielbetrieb gekümmert. Für die Bereiche Marketing, Sponsoring,  Merchandising, Ticketing, etc. haben wir jeweils neue Mitarbeiter engagiert. Ich blieb dem Kerngeschäft «Fussball» treu. Dieses blieb relativ beständig. Aber die Anforderungen von aussen, von der Liga und auch international, haben sich verändert. Es braucht zum Beispiel auch mehr, um die Lizenzauflagen der Swiss Football League zu erfüllen. Auch gibt es andere Bestimmungen im Sicherheitsbereich, die erfüllt werden müssen.
 

Stichwort Sicherheit: Woran muss gedacht werden, wo sind die Grenzen von Kontrolle und Überwachung? Wieviel Sicherheit ist überhaupt möglich?

Grundsätzlich gebe ich keine Auskunft zum Thema Sicherheit, zumal ich nicht aus diesem Bereich komme. Ich bin sensibler geworden, was die Terrorgefahr angeht – unabhängig vom Fussball. Das ist ein Thema, das augenscheinlich präsent ist, überall wo Menschen in grösseren Massen zusammenkommen. Wenn Sie zum Beispiel den «Zibelemärit» besuchen, ist es schwierig, die Betonblocker zu ignorieren. Es ist oft auch nicht mehr möglich, unbeschwert an einen Anlass zu gehen. Leider. Auch wir müssen im Team Eventualitäten einplanen. Wir müssen vorsichtig sein, aber nicht übervorsichtig. Wenn ich ausschliessen will, dass mir etwas passiert, müsste ich im Bett bleiben.
 

Die Tendenz geht aber schon in Richtung immer mehr Überwachung und Kontrolle?

Das braucht es natürlich auch. Heute wird man ja fast überall überwacht. Wir als FCB werden auch aufgefordert, gewisse Überwachungen zu machen. UEFA und Liga geben uns das vor.
 

Wo führt das hin?

Das weiss ich nicht. Es wäre zu wünschen, dass wir wieder in einer entspannten – nicht ruhigen! – Atmosphäre ein Fussballspiel geniessen könnten. Ohne diese latente Angst. Wie das in fünf oder zehn Jahren aussieht, weiss ich nicht.
 

Hat sich das Verhandeln mit Offiziellen von Liga oder Kanton verändert? Wurde es mit dem höheren Standing des Vereins einfacher?

Das hing und hängt stark davon ab, wer vis-à-vis am Tisch sitzt – und wer gerade den Club führt. Ich habe das Gefühl, dass in meiner Zeit jeweils genau der richtige Präsident zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war. 1990 hatte der Club ja keinen Rappen in der Kasse. Keinen Rappen!
 

Eben: Machte es das nicht schwierig?

Es war einfach anders. Die Begehrlichkeiten anfangs 90er waren natürlich nicht die gleichen wie heute. Wir mussten schauen, dass der Club die Verbindlichkeiten gegenüber Drittpersonen – wie zum Beispiel das Hotel der Mannschaft bei Auswärtsspielen – bezahlen konnte. Die Stadt war aber zu diesem Zeitpunkt sehr solidarisch gegenüber dem Club. Ganz viele Firmen haben auf ihr Geld verzichtet. Das war eine andere Solidarität als heute.
 

Woher kam denn diese Solidarität?

Grundsätzlich gab es ja weder sportliche noch wirtschaftliche Gründe, den Verein zu unterstützen. Nein, wir waren in der Nationalliga  B. Ich weiss es nicht. Vielleicht war es die Art, wie sich der Club gegeben hat. Diese Bodenständigkeit ist auch heute noch wichtig, durch alle Erfolge hindurch. Hochmut kommt vor dem Fall. Ich habe gelernt, auch nach grossen Siegen konzentriert weiterzuarbeiten. Ich versuche so zu arbeiten, dass Aussenstehende gar nicht merken, ob wir gewonnen oder verloren haben. Das war vielleicht auch seinerzeit entscheidend. So blieben wir stets antastbar, bodenständig und berührbar.
 

Heute hilft es möglicherweise, sich daran zu erinnern, wie es zum Beispiel 1992 war?

Mir persönlich hilft es. Ich glaube auch, dass ich darum besser als manche Kolleginnen und Kollegen mit einer Niederlagenserie umgehen kann. Das kennen viele nicht. Das ist aber überhaupt kein Vorwurf, aber ein Grossteil der Mitarbeiter ist einfach in den erfolgreichen Zeiten zum FCB gestossen. Ich schätze die Misserfolge in meinem Rucksack sehr. Sie helfen zu relativieren.
 

Bleiben wir noch kurz in den frühen 90ern. Mit welchen Gefühlen, mit welchem Selbstverständnis haben Sie das 100-Jahre-Jubiläum 1993 organisiert? Der Club feierte prominent im öffentlichen Raum – in einer sportlich bescheidenen Phase. Gab es da auch Hemmungen?

Ich war nicht im Fest-OK, war aber involviert in die Festivitäten auf dem Münsterplatz – durch meinen Mann, der damals Juniorenobmann beim war im FCB war. An dem besagten Jubiläums-Wochenende haben wir durchgearbeitet – und so wie ich mich erinnern mag, hat es meistens nur geregnet. Man hat etwas für die Bevölkerung auf die Beine stellen wollen. Das hat auch funktioniert, da viele Personen mitgeholfen haben; , einige haben sich richtiggehend «verrissen» für dieses Jubiläum.
 

Damals wurde vermutlich auch mehr ehrenamtlich gearbeitet?

Das Selbstverständnis, ehrenamtliche Arbeit zu leisten, hat sich stark verändert. Das ist aber nicht nur beim FCB so. Heute erbringt kaum mehr jemand eine Leistung, ohne dafür in irgendeiner Weise entschädigt zu werden. Ein Beispiel: Otti Rehorek war im Vorstand und war nebenbei auch noch Speaker. Heute entschädigen wir unsere Speaker, dies ist aber auch richtig. Wir verlangen ja gute Arbeit. Aber es geht auch nicht anders. Seit wir erfolgreicher sind, höre ich oft die Aussage: «Ihr habt ja das Geld, deshalb möchte ich entschädigt werden.» Die Bereitschaft für unentgeltliches Herzensengagement trennt für mich auch ein bisschen den Spreu vom Weizen.
 

Ist diese Entwicklung gefährlich für den Verein?
Ja sicherlich, aber für kleine Vereine ist diese Entwicklung noch gefährlicher. Selbst Protokollführer wollen heute in irgendeiner Weise entschädigt sein, zumal das Leben heute immer teurer wird.

Erinnern Sie sich an spezielle Hürden oder Steine, die dem Club in den Weg gelegt wurden?
Grundsätzlich halte ich es für förderlich und gut, ab und an einmal im Leben an etwas anzustossen. Das braucht es immer wieder: Auch mal einen Schritt zurückgehen und neu zu analysieren wie beim «Leiterli-Spiel». Konkret kommen mir auf Ihre Frage hin der 13. Mai 2006 in den Sinn. Diesen Tag hätte es in der Art und Weise nicht gebraucht, das ist klar. Aber da konnte man etwas Neues entwickeln. Und mit Bernhard Heusler war jemand da, der das zur Chefsache erklärt hat. Ich weiss zum Glück nicht, wie das sonst weitergegangen wäre. Den 13. Mai hat es für den nächsten Entwicklungsschritt gebraucht, so blöd das vielleicht tönen mag.

Was macht die Faszination FCB aus?

Das kann man nicht erklären, nur miterleben und spüren, am Morgen, wenn man ins Büro kommt, am Mittag, wenn man über den Club spricht, nachts im Bett, wenn man an ihn denkt. Oder auch wenn man irgendwo im Ausland ist und auf den FCB angesprochen wird. Und am Match im Stadion sowieso! Dann ist da dieses Gefühl, das man aufsaugen muss wie ein Schwamm, damit es immer und überall dabei ist.

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